Rechnernetze
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Anwendung und Ausblick

In der Praxis eingesetzte Managementsysteme verwenden heute den Managementansatz des IAB (SNMP). Da sich dieser Ansatz im wesentlichen auf die Darstellung von Managementinformation und auf die Mechanismen für den Austausch dieser Information zwischen Managern und Agenten beschränkt, sind nur diese Aspekte heutiger Managementsysteme allgemein akzeptiert. Jede weitergehende Funktionalität ist herstellerspezifisch und variiert daher von Produkt zu Produkt. Häufig richten sich nur die Schnittstellen eines Managementprodukts nach dem SNMP-Standards, während z.B. die Kommunikation zwischen herstellereigenen Bestandteilen des Managementsystems über andere Protokolle abgewickelt wird.

Die Funktionalität, die ein kommerzielles Managementsystem den Administratoren zur Verfügung stellt, beruht beim SNMP-Ansatz im wesentlichen auf der Möglichkeit, managementrelevante Information über Netzbestandteile von zentraler Stelle aus abzufragen und zentral zu verarbeiten. Die einzelnen Funktionen kann der Administrator von einer Managementplattform (Management platform) abrufen. Die Funktionalität eines Managementsystems lässt sich über herstellerspezifische Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung (Application Programmers Interfaces) erweitern, indem Programme über diese Schnittstellen auf vorverarbeitete Information zugreifen können. Im folgenden werden die wesentlichen Funktionalitäten heutiger Managementplattformen aufgezählt.

Zur Visualisierung der Topologie von Rechnernetzen wird jeder wichtige Bestandteil mit einem Icon dargestellt. Das Icon gibt häufig Auskunft über den Grundzustand einer Komponente, z.B. betriebsbereit, eingeschränkt betriebsbereit, gestört, nicht erreichbar, u.a. In der Regel ist es möglich, durch Anklicken des Icons weitere Information über die jeweilige Rechnernetzkomponente anzufordern. Viele Managementplattformen können die Topologie bestimmter Rechnernetze automatisch erkunden und nehmen dem Administrator die Aufgabe der Erstellung einer Netzwerkkarte teilweise ab.

Abfrage von Managementinformation: Es werden unterschiedliche Funktionalitäten zur Verfügung gestellt, von der einfachen Abfragemöglichkeit des Inhalts einzelner Managementvariablen, über Diagramme, aus denen z.B. die zeitliche Entwicklung einer Zustandsgröße hervorgeht, bis hin zur originalgetreuen Abbildung einer Rechnernetzkomponente.

Definition von Ereignissen und ereignisgesteuerten Aktionen: In der Regel stellen die heutigen Managementplattformen eine Möglichkeit zur Definition von Bedingungen bereit, die einzelne Zustandsgrößen erfüllen sollen. Wird eine solche Bedingung verletzt oder trifft eine Trap-Meldung von einem Agenten ein, so wird dieses als Ereignis bezeichnet. Als Reaktion auf ein Ereignis können je nach Plattform verschiedene Aktionen ausgeführt werden. Diese reichen von einfachen textuellen Meldungen an den Administrator, über grafische oder akustische Signale bis hin zur Ausführung von benutzerdefinierten Shell-Scripts oder anderen Programmen.

Datensammlung und Datenhaltung: Als Basis für Entscheidungen des Administrators, zur Kostenberechnung, zu Verwaltungszwecken und für die statistische Auswertung des Rechnernetzverhaltens ist die automatische Sammlung von Daten wie Ereignismeldungen oder Ausprägungen gewisser Systemgrößen sinnvoll. Entsprechende Funktionen sowie Mechanismen für die Speicherung statischer Daten über die Konfiguration von Rechnernetzen werden von heutigen Managementplattformen ebenfalls angeboten.

Einflussnahme auf den Zustand von Rechnernetzkomponenten durch Manipulation von Managementinformation: Dies wird durch die Änderung einer MIB-Variablen erreicht.

Die heute übliche Funktionalität von Managementplattformen vereinigt viele Funktionen, die früher von einzelnen isolierten Managementwerkzeugen ausgeführt wurden. Die Integration dieser Funktionen zusammen mit einer einheitlichen Form des Zugriffs auf verteilte Managementinformation ist der Hauptvorteil heutiger Plattformen. Es wird deutlich, dass das Prinzip von Managementsystemen sich nicht allein auf Rechnernetze beschränkt, sondern dass solche Systeme auch in anderen Bereichen Anwendung finden können. Am naheliegendsten ist die Anwendung auf das Management von Betriebssystemen und Anwendungsprogrammen. Grundsätzlich ist hierzu nur die Auswahl relevanter Zustandsgrößen und die Realisierung von Agenten notwendig, welche diese Zustandsgrößen auf Managementobjekte abbilden. Weitere Anwendungen liegen in der Kontrolle beliebiger technischer Systeme, wie z.B. von Produktionsanlagen oder von Gebäudeleitsystemen.

Ein neuerer Trend geht hin zur Überwachung von ganzen Anwendungen durch ein Managementsystemen und nicht nur einzelner Komponenten eines Rechnernetzes; dieses wird auch als "Service Level Management" bezeichnet. Hier wird der Fokus auf eine Dienstleistung gerichtet, welche die IT-Infrastruktur insgesamt zu leisten hat, z.B. die Unterstützung des telefonischen Bestelldienstes eines Versandhauses. Fällt irgendeine hierzu notwendige Komponente aus, so wird nicht nur deren Zustand gemeldet, sondern zugleich auf die möglichen Einschränkungen des "Service Level Agreements" hingewiesen, diese gegebenenfalls protokolliert und Abhilfe geschaffen, die nicht notwendigerweise in dem direkten Ersatz der ausgefallenen Ressource, sondern auch in der Bereitstellung alternativer Kapazitäten bestehen könnte.

Viele wünschenswerte Funktionen werden von heutigen Managementplattformen noch nicht realisiert, obwohl der Stand der Informationstechnik dies erlauben würde. Hierzu zählen Funktionen zur aktiven Unterstützung von Administratoren bei ihren Entscheidungen sowie Funktionen zur Automatisierung gewisser Managementabläufe. Erste Ansätze zur Entscheidungsunterstützung sind sogenannte Trouble-Ticket Systeme, die bereits in einigen Managementplattformen integriert sind. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um Datenbanken, die bei der Behebung von Störungen auf früher einmal gespeicherte Lösungen zurückgreifen können. Die vollkommen automatische Durchführung einzelner Managementaufgaben wird bis heute von keiner Managementplattform angeboten.

Im selben Maße wie von Managementplattformen eine zunehmende Funktionalität gefordert wird müssen die Konzepte heutiger Managementansätze verbessert werden. Notwendig sind daher

Standardisierte Schnittstellen zu Anwendungsprogrammen (standardisierte APIs) für die anwendungsgerechte und benutzerfreundliche Erweiterung des Funktionsumfangs von Managementplattformen.

Verteilung von Managementaufgaben zwischen Managementsystemen verschiedener Hersteller, um eine erhöhte Funktionalität zu erreichen und die daraus resultierende Mehrbelastung auszugleichen.

Mechanismen zum Austausch von Information zwischen Managern auf höherer Ebene, um Managementprogramme, –pläne oder –strategien anderen Managern automatisch übermitteln zu können

Mechanismen zur Portierung von Managementprogrammen, –plänen oder –strategien, um diese in verschiedenen Umgebungen einsetzen zu können

Zur Lösung der letzten beiden Problemklassen ist die Entwicklung standardisierter Managementsprachen notwendig, die zwischen verschiedenen Systemen portabel sind.