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Funk-Subsystem

Im folgenden wird die physikalische Schicht des GSM-Standards näher untersucht. Über den Funkweg (Radio Path), werden nur Informationen in digitaler Form übertragen. Im Mobilfunk unterscheidet man zwei Funkrichtungen. Geht der Funkweg vom Funkmodem zur Basisstation, so spricht man vom Uplink, im umgekehrten Fall vom Downlink. Für beide Funkrichtungen ist ein Übertragungsband mit je 25 MHz Breite vorgesehen. Als Radio Link bezeichnet man das Carrier-Paar, bestehend aus Uplink und Downlink. Um Störungen zu vermeiden wird zwischen den beiden Frequenzbändern ein sogenannter Duplexabstand eingehalten, der im GSM-System 45 MHz beträgt. Dieser Frequenzabstand ist nicht zu verwechseln mit dem Kanalabstand, der jeweils zwischen den einzelnen Trägerfrequenzen eingehalten werden muß und 200 kHz beträgt.

1 GSM-Frameformat

Ein GSM-Frame besteht aus acht Zeitschlitzen und belegt ein Zeitintervall von 4,615 ms, wobei ein Zeitschlitz 0,577 ms lang ist. Die zu übertragenen Informationen wie Sprache oder Signalisierung werden ausschließlich in diesen Zeitschlitzen transportiert und unterliegen einer fest vorgegebenen Struktur. Im GSM-Standard werden diese Pakete auch Bursts (s. Abb. 33) genannt. Bei der Übertragung kann es aufgrund unterschiedlicher Laufzeiten zu einer Überlappung von Bursts kommen. Um solche Störungen zu vermeiden und das Einhalten der Zeitmaske zu erleichtern, ist zwischen der Übertragung der Bursts eine sogenannte Guard Period von 30,5 ms erforderlich. Das entspricht bei einer Bitdauer von 3,692 ms etwa 8,25 Bits.

Pakettypen

Normal-Burst: Dieser Pakettyp ist für den Transport der Nutzdaten zuständig. Die logischen Kanäle müssen auf 114 (2x57) Datenbits abgebildet werden. Die vorderen und hinteren drei Trail-Bits dienen zusammen mit der 26-Bit-Trainings-Sequenz (auch als Präambel bekannt) zur bitgenauen Synchronisation und zur kontinuierlichen Kontrolle der Kanalqualität. Durch diese Maßnahmen können Verzögerungen der Signallaufzeiten von bis zu 233 ms ausgeglichen werden. An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Toleranzwerte für Laufzeitunterschiede aufgrund der Problematik der Mehrwegeausbreitung nur 16 ms beträgt. Insgesamt gibt es acht unterschiedliche Trainings-Sequenzen, die auch zur Unterscheidung von Signalen verschiedener Zellen benutzt werden. Die Präambel wird von zwei identischen Bits umgeben. Dieses Stealing-Flag gibt an, ob es sich bei den Daten um Verkehrs- oder Signalisierungsdaten handelt (s. auch Frame Stealing).
Synchronisation-Burst: Dieser Pakettyp dient der Synchronisation des Funkmodems und enthält eine deutlich längere Trainings-Sequenz von 64 Bit. Die 78 Datenbits beinhalten u.a. eine Rahmennummer (FN-Frame Number) und die Kennung der Basisstation (BSIC Base Transceiver Station Identity Code).
Frequenzkorrektur-Burst: Dieser Pakettyp enthält eine 142 Bit lange Datensequenz aus lauter Nullen. Die GSM-Modulation erzeugt daraus eine reine Sinus-Schwingung, die gut zur Frequenzkorrektur geeignet ist.
Dummy-Burst: Dieser Pakettyp besteht wie der Frequenzkorrektur-Burst nur aus einer Bitfolge. Er wird gesendet, wenn keine Nutzdaten zum Senden vorhanden sind. Das kann z.B. beim Hand-Over passieren. Eine Mobilstation testet dazu ständig die Verbindungsqualität der eigenen und angrenzenden Zellen. Für diese Messungen sind spezielle logische Kanäle vorgesehen. Sind diese Kanäle nicht belegt, werden Dummy Bursts gesendet.
Access-Burst: Dieser Pakettyp wird für das Random-Access-Zugriffverfahren verwendet und zeichnet sich durch eine größere Guard Period von 252 ms aus (= 68,25 Bits). In dieser Zeit kann das Paket theoretisch bis zu 78 km zurücklegen. Mögliche Kollisionen werden hingegen nur bis zu einer Entfernung von bis zu 37,8 km eliminiert.

2 Leistungsregelung

In GSM-Systemen gibt es die Möglichkeit, die Sendeleistung einer Mobil- oder Basisstation zu steuern. Diese Art der Leistungsregelung (Power Control) hat verschiedene Vorteile:

Optimierung der Netzkapazität durch eine mögliche Reduktion von Interferenzen anderer Verbindungskanäle unter Beibehaltung der Übertragungsqualität.
Verlängerung der Batterielebensdauer durch eine Verringerung der mittleren Ausgangsleistung.

Zur Reduzierung der Sendeleistung wird ein dynamisches Verfahren eingesetzt. Dabei wird der Zustand der Funkkanäle quasi-kontinuierlich überwacht und je nach gemessener Übertragungsqualität wird die Sendeleistung erhöht oder erniedrigt. Hierbei tritt eine Verzögerung zwischen Messung und Anpassung der Sendeleistung von 2 bis 3 Sekunden auf. Die Leistungsregelung erfolgt in 2-dB-Schritten und hat einen Dynamikumfang von maximal 3 dB. Die Anzahl der 2-dB-Leistungsstufen hängt von der Leistungsklasse ab (s. Systempararameter) und beträgt z.B. bei Mobilstationen der GSM-Klasse 2 nur fünf Stufen. Die Messungen bilden auch eine Grundlage für die Hand-Over-Entscheidung.

Leistungsregelung des Downlinks

Die Verbindungsqualität des Downlinks wird von der Mobilstation überwacht und mittels zweier Parameter der Basisstation mitgeteilt:

Empfangspegel (RXLEV -Received Signal Input Level)
Empfangsqualität (RXQUAL- Received Signal Quality)

Die Basisstation vergleicht die Werte mit vorher festgelegten Anforderungswerten und regelt die Sendeleistung des Downlinks entsprechend.

Leistungsregelung des Uplinks

Das Verfahren funktioniert hier analog, nur mit dem Unterschied, daß die Mobilstation von der Basisstation nach vorheriger Analyse aufgefordert wird, die Sendeleistung des Uplinks entsprechend anzupassen.

Eine Leistungsregelung zwischen Basisstation und übergeordneter Kontrollstelle ist optional vorgesehen und findet in der Praxis auch stets Anwendung. Hierbei muß die Basisstation die Sendeleistung für verschiedene Zeitschlitze dynamisch variieren.

Zeitmaske

Innerhalb einer laufenden Verbindung wird meistens der Normal Burst übertragen. Hierbei erfolgt eine Anhebung der Sendeleistung um bis zu 70 dB in einer genau festgelegten Zeitmaske innerhalb von 28 ms dadurch wird eine Störung durch benachbarte Kanäle vermindert.

3 Zugriffsverfahren

Der Übertragungskanal kann nur von einem Benutzerpaar zur Zeit in Anspruch genommen werden. Um jedoch mehreren Benutzern den Zugriff auf diesen Kanal zu ermöglichen, werden sogenannte Multiple-Access-Verfahren eingesetzt. Sie verteilen die zur Verfügung stehende Bandbreite so, daß jedem Benutzer ein gerechter Anteil zugeteilt wird. Im GSM-System werden gleich zwei klassische Zugriffsverfahren eingesetzt Cs. Abb. 35):

Frequenzmultiplex (FDMA- Frequency Division Multiple Access)
Synchrones Zeitmultiplex CTDMA- Time Division Multiple Access )

Die Übertragung von Gesprächen oder Daten geschieht mittels FDMA auf mehreren Frequenzen gleichzeitig. Insgesamt gibt es 124 Funkkanäle je Funkrichtung. Am unteren und oberen Bandende befindet sich ein Schutzband (Guard Band), so dass die betreffenden Kanäle normalerweise nicht mitbenutzt werden. Die verbleibenden 122 Schmalbandkanäle werden schließlich noch in acht Zeitschlitze (TS -Time Slot) nach dem TDMA- Verfahren aufgeteilt, so dass pro Trägerfrequenzpaar acht physikalische Vollduplex- Kanäle zur Verfügung stehen.

FrequenzaufteiIung

Der erste Kanal beginnt beim GSM-Standard bei 890,2 MHz. Die Frequenzen der darauffolgenden Kanäle lassen sich berechnen durch:

FUplink(n) = 890,2 MHz + (n -1) x 0,2 MHz mit n aus {1, 2, ..., 124}

FDownlink(n) = FUplink (n) + 45 MHz

Auf die acht physikalischen Kanäle werden schließlich die logischen Kanäle abgebildet. Hierzu gehören die Signalisierungskanäle zur Übertragung von Systemdaten und die Verkehrskanäle für die eigentlichen Benutzerdaten. Insgesamt unterscheidet man 11 logische Kanäle, die nun der Reihe nach erläutert werden.

4 Verkehrskanäle

Die Verkehrskanäle (TCH -Traffic Channels) dienen zur Übertragung der Benutzerdaten. Sie sind immer bidirektional ausgelegt und sowohl für Sprache als auch für Daten konfigurierbar. Sprache wird z.Z. über den Full-Rate-Channel mit 13,6 kbps übertragen. Der HalrateChannel für Sprache ist mit in den Standard aufgenommen worden, falls zukünftig bessere Algorithmen zur Kompression von Sprachdaten verfügbar sind. Dann können zwei logische Kanäle mit jeweils 6,8 kbps auf einem physikalischen Kanal abgebildet werden, was die Anzahl möglicher Teilnehmer theoretisch verdoppelt. Bei voller Auslastung stehen 992 Full-Rate-Verkehrskanäle zur Verfügung (124 Trägerfrequenzen mit 8 Zeitschlitzen pro Träger).

Zur Übersicht:

Speech Traffic Channels (FR: 22.800 bps; HR: 11.400 bps)
Data Traffic Channels (FR: 9.600,4.800 oder < 2.400 bps; HR: 4.800 oder < 2.400 bps)

5 Signalisierungskanäle

Um den besonderen Bedingungen der Luftschnittstelle gerecht zu werden, existieren gleich neun verschiedene Steuerkanäle (CCH-Control Channel). Sie werden vorwiegend zur Signalisierung und Synchronisierung benutzt, aber auch für paketvermittelte Datenübertragung wie der Kurznachrichtendienst (SMS-Short Message Service).

Die Signalisierungskanäle werden weiter nach der Art der Zugriffsmethode unterteilt in Broadcast, Common und Dedicated Channels.

Broadcast Channels

Bei den Broadcast Channels (BCH) handelt es sich um einseitig gerichtete Punkt-zu-Mehrpunkt-Kanäle für den Downlink, d.h. von der Basisstation zur Mobilstation. Je nach Art der iibertragenen Information unterscheidet man drei weitere Kanäle:

Broadcast Control Channel (BCCH): Über diesen Kanal werden permanent zellenspezifische Informationen gesendet. Sie werden von den Mobilstationen zur Funkzellenauswahl benötigt.
Frequency Correction Channel (FCCH): Über diesen Kanal werden Informationen zur Fehlerkorrektur mittels des Frequenzkorrektur-Bursts gesendet.
Synchronisation Channel (SCH): Dieser Kanal dient zur Synchronisation zwischen lYIOOllund nächster Basisstation. Es erfolgt eine Bit- und Rahmensynchronisation sowie eine BTS Identifizierung.

Common Control Channels

Die Common Control Channels (CCCH) werden zur eigentlichen Verbindungsaufnahme verwendet. Die Verbindungsanfrage erfolgt mittels slotted Aloha Random Access (wahlfreies Zufallzugriffsverfahren) auf den folgenden Kanälen:

Random Access Channel (RACH): Dieser unidirektionale Kanal wird von der Mobilstatation zur Verbindungsanfrage benutzt. Der nachfolgende Kanal überträgt die Informationen der Gegenrichtung.
Access Grant Channel (AGCH): Über diesen Kanal weist die Basisstation nach erfolgreicher Random-Access-Prozedur einen Verkehrskanal oder einen dedizierten Steuerkanal zu.
Paging Channel (PCH): Über diesen Kanal wird die Mobilstation angesprochen. Es sei hier angemerkt, daß der PCH und der AGCH nie gleichzeitig benutzt werden.

Dedicated Control Channels

Die Dedicated Control Channels (DCCH) lassen sich am einfachsten mit dem vom ISDN bekannten D-Kanal vergleichen. Die GSM-Empfehlung sieht drei bidirektionale Kanäle vor:

Stand Alone Dedicated Control Channel (SDCCH): Dieser Kanal existiert immer dann, wenn kein Verkehrskanal zur Verfügung steht.
Slow Associated Control Channel (SACCH): Dieser Kanal wird automatisch aufgebaut, wenn ein Verkehrs- oder dedizierter Steuerkanal vorhanden ist.
Fast Associated Control Channel (FACCH): Dieser Kanal nutzt Kapazitäten des dazu gehörigen Verkehrskanals durch Setzen des Stealing-Flags.

Von den Associated Control Channels (ACCH) existieren zwei Variante: Slow und Fast. Die Slow- Variante bietet bei langen Verzögerungen von ca. 480 ms nur eine geringe Übertragungskapazität. Bei einem Hand-Over sind jedoch mehr Signalisierungsinformationen zu übertragen, so daß die Fast-Variante zum Einsatz kommt. Der jeweils verwendete Kanal wird auch als Main Signalling Link bezeichnet.

Frame Stealing

Der Fast Associated Control Channel setzt ein Verfahren namens Frame Stealing ein. Dazu wird das Stealing-Flag innerhalb des Normal-Bursts gesetzt. Über den "gestohlenen" Schlitz können nun weitere Informationen übertragen werden. Dieses ist insbesondere für zukünftige Entwicklungen (GSM-Phase 2) notwendig. Da bei einer Sprachübertragung die Datenblöcke nur einzeln entnommen werden können, bewirkt ein gesetztes Stealing-Flag einen Übertragungsfehler. Für die Datenübertragung können die Blöcke hingegen unterschiedlich belegt werden, so daß es zu keinem Übertragungsfehler kommt.

Abbildung der logischen Kanäle

Zur Sprach- und Datenübertragung werden mehrere TDMA-Rahmen zu einem Multirahmen zusammengefaßt. Die logischen Kanäle werden durch einen Muliplexer auf die Zeitschlitze verteilt. Man unterscheidet insgesamt fünf Multiplexfälle.

  1. 1 x Full-Rate TCH + 1 x SACCH
  2. 2 x Half-Rate TCH + 2 x SACCH
  3. 1 x BCCH + mehrere CCCH
  4. 8 x SDCCH
  5. 4 x SDCCH + BCCH + CCCH

Im ersten Fall handelt es sich um einen Multiframe für Sprache und Daten, der sich aus 26 TDMA-Rahmen zusammensetzt und eine zeitliche Länge von 26.4,615 ms = 120 ms hat. Die restlichen Fälle dienen der Signalisierung, und ein Multiframe besteht dann aus 51 TDMA-Rahmen, die zusammen 235 ms zur Übertragung benötigen. In einer laufenden Verbindung kann von einem zum anderen Rahmen zwischen den Rahmen des Verkehrs- und Signalisierungskanals gewechselt werden, je nach aktuellen Erfordernissen. Zur Unterscheidung, zu welchem Multiplexfall ein Rahmen gehört, werden Zähler verwendet.

Der kleinste gemeinsame Nenner beider Multiframe-Arten ist der Superframe, der sich aus 1326 TDMA-Rahmen zusammensetzt und 6,12 s lang ist (26.51 x 4,615 ms). Die längste Zeitstruktur ist der Hyperrahmen, der 2048 Superframes beinhaltet und eine Dauer von knapp 3 ½ Stunden hat. Die sich daraus ergebene Wiederholrate wird als Eingabevariable für kryptographische Methoden benutzt, um die Abhörsicherheit garantieren zu können.

Die Kanal-Organisation für den ersten Fall sieht so aus, daß von den 26 TDMA-Rahmen der 13. Rahmen als Steuerkanal (SACCH) fungiert. Der letzte Rahmen ist leer (Idle), so so dass insgesamt 24 Rahmen für den Verkehrskanal zur Verfügung stehen.

Signalisierungsinformationen

Zu den wichtigsten Signalisierungsdaten gehören:

Informationen zur Durchführung von Umbuchungsprozeduren (Location Updating),
Informationen über verwendete Datenschutzmechanismen wie z.B. Authentikation,
Informationen, um Gespräche weiterreichen zu können (Call Forwarding),
Informationen über anfallende Gebühren,
die verwendete Kanalnummer und die Telefonnummer des anrufenden Teilnehmers.

Kanaleigenschaften

An dieser Stelle sei noch einmal auf die unterschiedlichen Übertragungseigenschaften der GSM-Kanäle hingewiesen. Die Datenbitrate und die durch Interleaving oder Wiederholung bedingten Verzögerungen der einzelnen GSM-Kanäle unterscheiden sich zum Teil beträchtlich voneinander.

GSM-Kanal

Netto-Bitrate

Brutto-Bitrate

Verzögerung durch

Wiederholung

Interleaving

Verkehrskanäle

Sprache (FR)

13.000bps

22.800 bps

20ms

38 ms

Sprache (FR)

5.600 bps

11.400 bps

20ms

38 ms

Daten (9.600 bps FR)

12.000bps

22.800 bps

5 ms

93 ms

Daten (4.800 bps FR)

6.000 bps

11.400 bps

10 ms

185 ms

Daten 4.800( bps FR)

6.000 bps

22.800 bps

10 ms

93 ms

Daten (2.400 bps FR)

3.600 bps

11.400 bps

20ms

185 ms

Daten (2.400 bps FR)

3.600 bps

22.800 bps

20ms

38 ms

Signalisierungskanäle

FACCH(FR)

9.200 bps

22.800 bps

20ms

38 ms

FACCH(HR)

4.600 bps

11.400 bps

40ms

74ms

SDCCH

0.782 bps

1.932 bps

236 ms

14 ms

SACCH-T

0.382 bps

0.950 bps

480 ms

360 ms

SACCH-C

0.391 bps

0.968 bps

471 ms

14 ms

BCCH

0.782 bps

1.932 bps

236 ms

14 ms

AGCH

0.782 bps

1.932 bps

236 ms

14 ms

PCH

0.782 bps

1.932 bps

236 ms

14 ms

RACH

0.034 bps

0.084 bps

236 ms

14 ms

Tabelle 16: Übertragungseigenschaften der GSM-Kanäle

6 Verbindungsaufbau

Im GSM-System sind eine Reihe von Vorkehrungen zu treffen, bevor eine Informationsüber­tragung stattfinden kann. Die einzelnen Signalisierungskanäle haben jeweils eine bestimmte Aufgabe, die jetzt genauer betrachtet werden soll.

Je nachdem in welche Richtung eine Verbindung aufgebaut werden soll, unterscheidet man zwischen

Mobile Terminated Call (MTC): Verbindungsaufbauwunsch erfolgt von der BasisSI:lIICli.

Mobile Originated Call (MOC): Verbindungsaufbauwunsch erfolgt von der Mobilstation.
Hier sind keine besonderen Schritte zur Lokalisierung des Teilnehmers nötig.

Ablauf eines Mobile Originated Call

  1. Kanalanfrage: Nach dem Einschalten der Mobilstation muß zunächst ermittelt werden, welche Basisstation auf welcher Frequenz erreichbar ist. Dazu sind im GSM-System die Broadcast Control Channels vorgesehen. Die Basisstation gibt sich der Mobilstation dadurch zu erkennen, daß sie auf freien Zeitschlitzen permanent Dummy­Bursts versendet. Diese Bursts beinhalten zellenspezifische Informationen und dienen der Mobilstation zur Funkzellenauswahl. Nach dem passives Abhören des Downlink-Frequenz­spektrums werden die Common Control Channels benutzt. Der Verbindungsaufbauwunsch wird über den Random Access Control Channel mittels Access-Burst signalisiert.

  2. Kanalzuweisung: Die Basisstation teilt der Mobilstation einen freien Signalisierungskanal über den Access Grant Channel mit. Gleichzeitig werden Frequenzkorrektur-Bursts ver­schickt, um der Mobilstation die Möglichkeit zu geben, sich auf die Frequenz der Basis­station zu synchronisieren. Um weitere Steuerungsinformationen auszutauschen, steht nun ein echter bidirektionaler Signalisierungskanal zur Verfügung.

Es wird erst dann ein Verkehrskanal zugewiesen, wenn zwischen Sender und Empfänger eine Verbindung aufgebaut werden konnte. Das verhindert, daß Verkehrskanäle unnötig belegt werden.

  1. Bestimmung des Aufenthaltsortes: Die Mobilstation muß dem Netz seinen aktuellen Auf­enthaltsort mitteilen, falls dieser sich nach der letzten Verbindung geändert hat. Bevor die­ser Location Update Request von der zugehörigen Vermittlungsstelle beantwortet wird, muß jedoch eine Berechtigungsprüfung erfolgen. Nach erfolgreicher Authentisierung wird von der Vermittlungsstelle eine spezielle Kennung vergeben.

  2. Verschlüsselung: Die Daten werden vor dem Versenden über die Luftschnittstelle mittels des A5-Algorithmus verschlüsselt.

Hand-Over

Jede Basisstation hat einen gewissen Versorgungsbereich. Bewegt sich ein Teilnehmer aus diesem Bereich heraus, müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um eine laufende Verbindung aufrechtzuerhalten. Der automatische Wechsel der Funkzone wird als Hand-Over bezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit eines Hand-Overs kann als Funktion der Gesprächslänge oder als Funktion des Zellradius angegeben werden [Lee 89].

Der Hand-Over-Prozeß wird immer von der Netzseite aus gestartet, wobei die Mobilstation entscheidungsrelevante Daten liefert, wie die Ergebnisse von Qualitätsmessungen von Funk­kanälen benachbarter Zellen (s.a. Kapitel 5.6.2 Leistungsregelung). Die Unterbrechung einer Verbindung durch einen einfacher Hand-Over darf maximal 150 ms betragen.

Man unterscheidet drei mögliche Hand-Over-Fälle:

innerhalb einer Funkzelle,

innerhalb des Zuständigkeitsbereichs eines Vermittlungsknotens,

zwischen Vermittlungsknoten.

Ablauf

  1. Erkennung: Durch die Basis- und Mobilstation erfolgt eine ständige Überwachung der Übertragungsqualität durch Messungen der jeweiligen Empfangspegel. Diese Daten bilden die Grundlage der Hand-Over-Entscheidung. Der Vermittlungsrechner (MSC) stellt an das Basisstations-Subsystem (BSS) eine Anfrage (Handover-Candidate-Enquiry), wer als potentieller Kandidat für den Hand-Over in Frage kommt. Das BSS antwortet mit einer ent­sprechenden Handover-Candidate-Response-Nachricht. Das Subsystem hat aber die Möglichkeit, den zuständigen Vermittlungsrechner auf eine schlechte Funkqualität einer Verbindung mittels Handover-Required-Indication- Nachricht hinzuweisen.

  2. Entscheidung: Das Netz entscheidet, ob ein Hand-Over erfolgt oder nicht. Der Algorithmus zur Entscheidungsfindung ist im GSM-Standard nicht festgelegt. Es sind unterschiedliche Ansätze möglich, z.B. kann die Funkqualität als entscheidendes Kriterium gewählt werden oder aber eine gleichmäßige Kanalauslastung.

  3. Ausführung: Nach der Auswahl der neuen Funkzelle wird die Mobilstation davon in Kennt­nis gesetzt und gleichzeitig der neue Funkkanal belegt. Der Vermittlungsrechner fordert mittels Handover-Request-Acknowledge das Subsystem auf, die notwendigen Radio-Ressorcen zu allozieren. Das BSS antwortet wiederum mit Handover-Request-Acknowledge. Die eigentliche Aufforderung zur Umschaltung erfolgt vom MSC mit Handover-Command und wird mit Handover-Access zunächst von der Mobilstation positiv bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt kann kurzzeitig eine doppelte Verbindung zum Netz existieren. Der Abschluß wird durch Handover-Complete vom Subsystem zum Vermittlungsrechner angezeigt. Nun kann der alte Kanal freigegeben werden.

7 Datenübertragung bei GSM

Die digitale Übertragungsstrecke eines GSM-Sprachkanals durchläuft mehrere Stufen, die in Abbildung 37 dargestellt sind und nun genauer betrachtet werden sollen:

Pulse Code Modulation

Die Digitalisierung des analogen Sprachsignals geschieht durch einen A/D- Wandler mittels Pulse Code Modulation (PCM). Nach dem Abtasttheorem von Nyquist muß die Abtastfre­quenz mindestens das Doppelte der Signalbandbreite betragen. Die wichtigsten menschlichen Sprachanteile liegen etwa in dem Frequenzbereich bis 4.000 Hz. Das PCM- Verfahren arbeitet daher üblicherweise mit einer Abtastfrequenz von 8.000 Hz (d.h. alle 125 ~ ein Abtastwert) und einer Genauigkeit von 8 Bit. Im GSM-Standard besteht jedoch die Möglichkeit, eine höhere Genauigkeit von 13 Bit aus folgendem Grund zu wählen:

Durch die Quantisierung entsteht ein rauschähnliches Fehlersignal. Je höher die Genauigkeit der Abtastung, desto geringer ist dieses Quantisierungs-Rauschen. Bei einer Auflösung von 8 Bit gibt es 256 Quantisierungs-Stufen, und der Rauschabstand liegt zwischen 40 und 50 dB. Bei 13 Bit gibt es hingegen 8192 Quantisierungs-Stufen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Sprachqualität führen. Untersuchungen haben ergeben, daß jedes weitere Quantisierungs­Bit den Rauschabstand um ca. 6 dB verbessert.

Kompandierung

Umkleinere Abtastwerte feiner quantisieren zu können, verwendet man eine nichtlineare Kennlinie, die sogenannte A-Law-Kompandierungs-Kennlinie (CCITT G.711) .Diese Technik zur Reduktion des Dynamikbereichs nennt man Kompandierung (Kompression und Expandie­rung) und reduziert die Bandbreite um ca. 33% [Dunlop 89]. Außerdem würde bei einer linea­ren Kennlinie die Sprachqualität zu stark von der Lautstärke abhängen.

Sprachkodierung

Der sich aus der Digitalisierung der Sprache ergebende Datenstrom mit 64.000-104.000 bps ist für eine ökonomische Funkübertragung nicht geeignet. Zur Datenreduktion wird deshalb im GSM-System ein aufwendiger Sprachkodierer eingesetzt, der im wesentlichen aus vier Funktionseinheiten besteht und am Ende das Sprachsignal auf 13.000 bps komprimiert:

  1. Vorverarbeitung: In der ersten Einheit werden spezielle Filter eingesetzt, die eventuell a—­tretende Gleichsignalanteile, die einen Pfeifton bei 2.600 Hz erzeugen, aus dem digitalen Signal entfernen und höhere Spektralanteile für die nachfolgende LPC-Analyse anheben. Insgesamt erfolgt also eine Bereinigung des zu übertragenen Amplitudenspektrums.

  2. Linear Predictive Coding (LPC): In der zweiten Einheit erfolgt eine Analyse zur Reduzie­rung des Dynamikumfangs des Signals. Dazu wird das Sprachsignal alle 20 ms in Sprach­rahmen mit 160 Abtastwerten segmentiert. Für jeden solchen Block werden nun aus einem umfangreichen Codebuch möglichst passende Parameter ausgewählt, die auf der Empfän­gerseite als Eingabe dienen und das Sprachsignal für das menschliche Gehörempfinden am besten synthetisieren. Insgesamt werden pro Block acht Parameter generiert.

  3. Long Term Prediction (LTP): In der dritten Einheit erfolgt eine weitere Redundanzvermin­derung des Signals, indem periodische und stimmhafte Abschnitte (Silben, Lautbildung) ähnlich wie in der zweiten Einheit erfaßt werden. Um eine Vorhersage des Signals treffen zu können, wird alle 5 ms ein Bereich von 5-15 ms betrachtet.

  4. Regular Pulse Exitation (RPE): In der letzten Einheit besitzt das Restsignal eine deutlich reduzierte Dynamik und kann nun einer verlustbehafteten Kodierung unterworfen werden. Es erfolgt eine Tiefpaßfilterung mit anschließender Neuabtastung des Signals mit 1.300 Hz. Dann werden noch statistische Abhängigkeiten benachbarter Abtastwerte durch einen Short-Prediction-Filter erfaßt und daraufuin neu optimierte Parameterwerte berechnet.

Die Spezifikation des GSM-Sprachkodierers ist bitexakt, d.h. es erfolgt eine eindeutige Abbil­dung von Eingangs- zu Ausgangssignal, egal auf welcher Hardware.

Kanalkodierung

Die Kanalkodierung (Channel Coding) hat die Aufgabe, die fehleranfällige Netto-Information des Sprachkodierers (13 kbps) durch Hinzufügen von Redundanz und Prüfsummen so zu verändern, dass auch bei einer gestörten Übertragung eine Rekonstruktion der Daten möglich ist. Die Bitfehlerrate in herkömmlichen Rechnernetzen, wie z.B. im bekannten Ethernet, liegt typischerweise 10-10. Die mobile Datenübertragung ist deutlich fehleranfälliger. Hier sind Bitfehlerraten im Bereich von 10-3 bis 10-8 zu erwarten. Zur Sicherung der Daten gegen Übertragungsfehler muss daher ein erheblicher Aufwand betrieben werden. Die Kodierung der im GSM-System vorhandenen Sprach-, Daten- und Signalisierungskanäle ist unterschied­lich und wird nun der Reihe nach vorgestellt.

Kodierung des Sprachkanals

Der GSM-Sprachkodierer erzeugt alle 20 ms einen 260-Bit-Block. Durch Fehlerschutzmechanismen werden diese 260 Bit auf 456 Bit erweitert. Die Übertragungsrate erhöht sich entsprechend von 13.000 bps (260 Bit /20 ms) auf 22.800 bps (456 Bit /20 ms). Die Kanalkodierung für Sprache umfasst im wesentlichen vier Schritte (s. Abb. 38):

Abb. 38: Kodierung des Sprachkanals

Ablauf der Kodierung

  1. Bit-Umordnung: Untersuchungen zeigten, dass nicht alle Bitfehler einen deutlichen Höreindruck hinterlassen, sondern nur einige wenige. Aus diesem Grund werden die Daten gemäß ihrer Wichtigkeit (Empfindlichkeit gegenüber Bitfehlern) in drei Klassen aufgeteilt:

50 Bit der Klasse 1 a

132 Bit der Klasse lb und

78 Bit der Klasse 2

  1. Fehlererkennung: Die ersten 50 Bits werden mit einer 3-Bit-CRC-Prüfsumme versehen. Das zugehörige Generatorpolynom lautet: G(n) = n3 + n + 1.
    Außerdem werden den insgesamt 185 wichtigen Bits (50 + 3 + 132) noch vier Trailbits 0000 angehängt. Sie erhöhen nochmals den Schutz und dienen zum Zurücksetzen des folgenden Faltungskodierers.

  2. Faltung: Der Faltungskodierer verdoppelt durch Hinzufügen von Redundanz die 189 wichtigen Bits auf 378 Bits. Die zugehörigen Generatorpolynome lauten: G(n) = n4 + n3 + 1 und G(n) = n4 + n3 + n + 1. Dieses Verfahren erlaubt eine Korrektur von durchschnittlich bis zu 25% aller Übertragungsfehler, in manchen Fällen sogar wesentlich mehr.


Abb. 39: Aufbau des Faltungskodierers

  1. Interleaving: Am Ende werden die 456 Bits (378 + 78) noch auf acht Blöcke zu je 57 Bits zeitlich verteilt (gespreizt). Es wird ein block-diagonales Interleaving-Verfahren achten Grades benutzt, um die Störfestigkeit gegenüber die im Funk häufig auftretenden gebündelten Fehler (Error Bursts) zu verbessern. Zwei aufeinanderfolgende Bits werden immer in zwei unterschiedlichen Blöcken übertragen. Mehrbitfehler werden auf diese Art verteilt und können wirkungsvoller korrigiert werden. Der Rahmen wird über alle acht Zeitschlitze bitweise und zyklisch verteilt. Jeder der acht Blöcke ist mit einem Stealing-Flag versehen.

Dekodierung

Bei der Dekodierung laufen die oben beschriebenen Schritte in umgekehrter Reihenfolge ab. Wie eine genaue Implementation auszusehen hat, bleibt den einzelnen Herstellern überlassen. Es besteht sowohl die Möglichkeit einer Soft- als auch Hardware-Implementierung.

Können Fehler nicht durch den Faltungsdekodierer korrigiert werden, dann werden sie nicht an den Sprachdekodierer weitergereicht, sondern als defekt markiert (BFI-Bad Frame Indication). Eine Re-Übertragung des Sprachrahmens mittels ARQ entfällt, da dies zu einer merkbaren Verzögerung und damit zu einer Störung des Sprachflusses führen würde.

Extrapolation

Um jedoch keine "Lücke" innerhalb der Sprachübertragung zu hinterlassen, wird der Parametersatz des letzten Sprachrahmens verwendet. Dieses Verfahren nennt man Extrapolation und wird in abgewandelter Form auch bei der Laserabtastung einer Audio-CD verwendet.

Verzögerung

Aufgrund der zu erwartenden Gesamtverzögerung von ca. 90 ms für die Kodierung des Sprachkanals ist eine Echokontrolle erforderlich. Die Verzögerung setzt sich zusammen aus:

Sprachkodierer-Verzögerung +   Interleaving + Verarbeitungszeit + Verbindungszeit
20 ms  37,5 ms  27 ,5 ms  5 ms

Kodierung des Datenkanals

Das im vorigen Abschnitt besprochene Kodierungssystem ist speziell auf Sprachdaten optimiert und eignet sich nicht für die Übertragung von Dateien oder anderen rein digital vorliegenden Benutzerdaten. Für die Kodierung des Datenkanals werden zwei Verfahren zur Fehlerkorrektur eingesetzt:

Fehlervorwärtskorrektur (FEC -Forward Error Correction): Dieses Verfahren wird auf der physikalischen Schicht durch Anwendung von Faltungsmethoden vorgenommen.

ARQ- Veifahren (Automatic Repeat Request): Auf der Sicherungsschicht werden defekte und nicht korrigierbare Pakete neu angefordert.


Abb. 40: Kodierung des Datenkanals

Ablauf der Kodierung

  1. Blockbildung: In einem GSM-System stehen dem Teilnehmer effektiv 9.600 bps für die Datenübertragung zur Verfügung. Diese Datenbitrate wird im Terminal Equipmemt durch eine nicht GSM-spezifische Kanalkodierung auf 12.000 bps erhöht, um eine Fehlererkennung in kabelgebundenen Netzen zu ermöglichen. Der resultierende Datenstrom (240 Bit / 20 ms) wird in Blöcke zu je 60 Bit unterteilt. Da bei der reinen Datenübertragung alle Bits gleichwertig sind, erfolgt keine Unterteilung in Klassen. Außerdem werden keine Prüfsummen für einzelne Blöcke berechnet. Insgesamt werden vier Blöcke zusammen mit vier Trailbits (0000) zu einem Datenrahmen der Länge 244 Bit zusammengefasst.

  2. Faltung: Die 244 Bit werden durch den bereits bekannten Faltungskodierer auf 488 Bit verdoppelt (analog zur Kodierung des Sprachkanals). Während der Kodierung werden jeweils 5-Bit-Blöcke betrachtet.

  3. Bit-Reduzierung: Das nachfolgende Interleaving-Verfahren erwartet 456 Bit als Eingabe. Deshalb werden von den 488 Bits noch 32 Bits mit der folgenden Bit-Position entfernt:
    Bit (11 + 15´j), wobei j = 0,1, ..., 31 Þ Bitfolge = 11, 26, 41, 56, ..., 476.

  4. lnterleaving: Die 456 Bits werden nun auf 24 Blöcke zu je 19 Bit zeitlich verteilt. Danach werden sie auf vier aufeinanderfolgende Bursts aufgeteilt und versandt. Beim Einpacken in die Bursts werden Gruppierungen gerader und ungerader Bits gebildet. Da die reine Datenübertragung nicht so zeitkritisch ist wie die Sprachübertragung, kann ein höherer Interleaving-Grad gewählt werden. Dadurch werden bei auftretenden Fehlerbündeln die einzelnen Bitfehler auf noch kleinere Blöcke verteilt. Nach dem Desinterleaven treten diese Fehler dann mehr oder weniger isoliert auf und können so leichter korrigiert werden.

Diese Kodierung erlaubt - im Gegensatz zur Kodierung des Sprachkanals - eine vollständige Rekonstruktion der Daten. Es wird eine sichere Datenübertragung bis 9.600 bps garantiert. Für kleinere Übertragungsraten wird lediglich eine entsprechend andere Blockung benutzt. Der Fehlerschutz ist jedoch mit sinkender Datenrate effizienter. Bei 2.400 bps erfolgt eine Redundanzerhöhung durch den Faltungskodierer um den Faktor 8.

In der digitalen Funktechnik gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Übertragungsqualität zu erhöhen. Hierzu zählt z.B. die Frequenzbandspreizung. Je nachdem welcher Parameter des Funksignals verändert wird, nennt man das Verfahren Frequenz- oder Phasensprungverfahren.

Frequenzsprungverfahren

Untersuchungen haben ergeben, dass durch Fading verursachte Signaleinbrüche selten auf zwei unterschiedlichen Ausbreitungspfaden (Kanälen) gleichzeitig erfolgen. Deshalb wird für das GSM-System das Frequenzsprungverfahren optional eingesetzt. Dabei werden die einzelnen TDMA-Rahmen auf verschiedenen Trägerfrequenzen verschickt. Der Wechsel geschieht insgesamt 217 Mal pro Sekunde. Durch die Streuung der Pakete über das Frequenzspektrum wird ein höherer Geräuschabstand des demodulierten Signals erreicht. Bei Verwendung des Verfahrens müssen natürlich alle Mobilstationen zunächst davon in Kenntnis gesetzt werden. Dazu verschickt die betreffende Basisstation eine spezielle Nachricht über den Broadcast Control Channel. Das Frequenzspringen (Frequency Hopping) kann auf zwei Arten erfolgen:

Cyclic Hopping: Die Frequenzen werden in einer fest vorgegebenen Reihenfolge gewechselt. Dazu stehen insgesamt 63 mögliche Frequenzlisten zur Auswahl.

Random Hopping: Hier erfolgt der Wechsel pseudozufällig.

Positiv zu bemerken ist die verbesserte Datensicherheit des Verfahrens, da durch das häufige Wechseln der Frequenz ein unbefugtes Abhören (Tracen) des Funkverkehrs erschwert wird.

Kodierung der Steuerkanäle

Für die Signalisierungsdaten der Steuerkanäle wird ein leicht abgewandeltes Verfahren benutzt, da diese Daten typischerweise besser zu schützen sind. Die Rate der nichtentdeckten Fehler liegt bei 10-7 und weniger.

Abb. 41: Kodierung der Signalisierungskanäle

Ablauf der Kodierung

  1. Blockbildung: Über die Signalisierungskanäle kann eine maximale Datenrate von 9,2 kbps übertragen werden. Da eine Blockbildung alle 20 ms erfolgt, besteht der größtmögliche Block aus 184 Bits.

  2. Blockkodierung: Die Signalisierungsdaten werden nun durch einen sogenannten Fire-Code geschützt. Hierbei handelt es sich um einen verkürzten, zyklischen, linearen und binären Blockcode, der sich besonders zur Korrektur von Bündelfehlern eignet. Es werden Fehlerbursts bis zur Länge 11 erkannt und korrigiert. Das zugehörige Generatorpolynom lautet: G(n) = (n23 + 1)(n17 + n3 + 1). Die daraus resultierenden 40 Parity-Bits werden wieder um 4 Trailbits ergänzt, um den nachfolgenden Faltungskodierer in einen definierten Zustand zu versetzen.

  3. Faltung: Die 228 Bit werden durch den bereits bekannten Faltungskodierer auf 456 gedoppelt (analog zur Kodierung des Sprachkanals).

  4. lnterleaving: Die 456 Bit werden nun auf 4 Blöcke zu je 114 Bit zeitlich verteilt.

Der obige Kodierungsablauf orientiert sich am Fullrate-Fast Associated Control Channel (FR-FACCH), da nur dieser Kanal die maximal mögliche Bitrate von 9.200 bps bietet. Aufgrund besonderer Kanaleigenschaften kommt es zu geringfügigen Abweichungen der Kanalkodierung.