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Lichtwellenleiter

Mit der Erfindung der Glasfaser in den sechziger Jahren entstand die Möglichkeit, Licht (eine sehr hochfrequente, elektromagnetische Welle) durch ein Kabel zu leiten. Zusammen mit der notwendigen Technologie für die Erzeugung und Aufnahme der Lichtsignale durch Halbleiter-Laser und -Dioden wurde eine Methode zur Datenübertragung entwickelt, welche mittlerweile technisch größere Möglichkeiten zulässt als das Kupferkabel und darüber hinaus auch noch wirtschaftlicher ist. Die technische Bezeichnung für eine Glasfaser ist Lichtwellenleiter (LWL; fibre optics).

Die Kerntechnologie der Lichtwellenleiter beruht auf dem physikalischen Prinzip der Totalreflexion bzw. der Brechung des Lichts an der Grenzschicht zweier optisch transparenter Medien mit verschiedenen Brechungszahlen. In einem Lichtwellenleiter bestehen diese beiden Komponenten in der Regel aus Quarzglas und werden als Kern und Mantel bezeichnet. Gebildet wird der Kern aus einer extrem dünnen, zylinderförmigen Faser mit einer bestimmten Brechungszahl, die von einem Mantelmaterial, welches eine geringere Brechungszahl aufweist, umschlossen wird. Tritt nun ein Lichtstrahl auf die Stirnfläche des Faserkerns, so wird er entweder exakt entlang der Faserachse geführt oder beim Auftreffen auf die Grenzschicht zwischen dem Kern und dem Mantel gebrochen. Zu einer Reflexion zurück in den Kern des Leiters kommt es, wenn der Lichtstrahl mit einem Winkel auf die Faser trifft, der kleiner oder gleich dem sogenannten Akzeptanzwinkel QA des Leiters ist. Definiert wird dieser Winkel durch die Brechzahldifferenz zwischen dem Kern- und dem Mantelmaterial. Den Sinus des Akzeptanzwinkels bezeichnet man als numerische Apertur An. Sie ist eine Maßzahl für die in einen Lichtwellenleiter einkoppelbare Lichtmenge.

Ein Signal unterliegt jedoch bei der Übertragung in einem Lichtwellenleiter – wie in allen Übertragungsmedien – einer Abschwächung. Hervorgerufen wird diese Abschwächung durch kleinste Materialinhomogenitäten, wie Kristallite, Blasen oder eingeschlossene Schmutzpartikel, die zu Streueffekten im Lichtwellenleiter führen. Aber auch bei einem völlig homogenen Medium treten Streuungsverluste auf, deren Ursache in einer Veränderung der Dielektrizitätskonstanten zu sehen ist. Diese physikalisch bedingten Mindestverluste sind unter dem Begriff Rayleigh-Streuung bekannt und bilden die theoretische Grenze für die minimale Faserdämpfung bis zu einem Wellenlängenbereich von etwa 1,6 µm. Für die Datenübertragung ist insbesondere der Bereich um 1,3 µm von besonderem Interesse, da hier bestimmte Materialdispositionseigenschaften, deren Einfluss auf die Übertragungsqualität noch erforscht wird, am geringsten sind. Der Wellenlängenbereich von über 1,6 µm ist für die Nachrichtentechnik weniger interessant, da es in diesem Bereich zu starken Verlusten durch Schwingungsanregung im Molekülbereich kommt, wodurch die Dämpfung im Lichtwellenleiter stark erhöht wird.

Neben Streueffekten sind Absorptionsverluste ein weiterer Grund für die Abschwächung eines Signals in einem optischen Übertragungsmedium. Diese werden vor allem durch Verunreinigungen mit Metall- oder OH-Ionen hervorgerufen, treten aber auch – angeregt durch energiereiches Licht im UV-Bereich (kurzwelliges Licht) – durch Elektronenübergänge von tieferen zu höheren Energieniveaus auf (Intrinsic-Verluste). Werden diese Verluste zu stark, kann der Empfänger aufgrund der empfangenen Energiemenge keine Rekonstruktion des Signals vornehmen, und es kommt zu einem Verlust der Datenverbindung. Weitere Dämpfungsverluste entstehen durch mechanische Einwirkungen. Hier sind in erster Linie Abstrahlungen durch Krümmung des Lichtwellenleiters bzw. durch Leckmoden zu nennen. Insgesamt beträgt die Dämpfung, die durch die Materialeigenschaften und die Formung des Lichtwellenleiters verursacht wird, in einem Lichtwellenleiter aus Quarzglas (SiO2) etwa 0,3 db/km. Allerdings ist für die Begrenzung der Übertragungsleistung in einem Lichtwellenleiter nicht nur das verwendete Material, sondern ebenso der Aufbau des Lichtwellenleiters verantwortlich. Man unterscheidet hier generell zwischen der Multimode- und der Monomodefaser.

Eine Multimodefaser ist ein Lichtwellenleiter, der sich durch einen relativ großen Kerndurchmesser (50 bis 100 µm) auszeichnet, so dass eine Lichtquelle – bei Multimodefasern wird in der Regel eine Lumineszenzdiode verwendet – mit einem relativ großen Abstrahlwinkel mehrere Strahlen (Modes) in den Leiter einspeisen kann. Strahlen, die durch eine häufige Reflexion an der Grenzschicht zwischen dem Kern und dem Mantel eine größere Entfernung vom Sender zum Empfänger zurücklegen, werden als Strahlen hohen Modes bezeichnet. Strahlen, die sich entlang der Faserachse ausbreiten, sind Strahlen niedrigen Modes. Kennzeichnend für die Datenübertragung mit Hilfe einer Multimodefaser ist, dass mehrere Strahlen zur Signalübertragung und damit zur Identifizierung des Signals beitragen.

LWL.WMF (14650 Byte)

Innerhalb der Gruppe der Multimodefasern wird eine Unterscheidung zwischen Stufenprofil- und Gradientenprofilfasern vorgenommen. Als Stufenprofilfasern werden Lichtwellenleiter bezeichnet, die für den Kern- und für den Mantelfaserbereich jeweils eine feste Brechungszahl – d.h. eine konstante Materialeigenschaft – besitzen. Der Kerndurchmesser liegt hier bei etwa 250 µm und der Manteldurchmesser bei etwa 400 µm. Stufenprofilfaser besitzen allerdings das Problem, dass es durch die häufige Reflexion an der Grenzschicht zwischen dem Kern und dem Mantel zu unterschiedlichen Signallaufzeiten (modale Dispersion) der einzelnen Strahlen kommt. Diese Form der Dispersion berechnet sich aus dem maximalen Laufzeitunterschied zwischen den Strahlen, die exakt entlang der Faserachse geführt werden und den Strahlen, die noch gerade die Bedingung der Totalreflexion erfüllen. Dazu wird zunächst der maximale Winkel für die TotalreflexionQK bei einem gegebenen Lichtwellenleiter bestimmt und dann die maximale Laufzeitdifferenz Dts berechnet. Die so ermittelten Laufzeitunterschiede machen sich – insbesondere bei sehr hohen Datenübertragungsraten – in einer starken Veränderung des Ausgangssignals im Vergleich zum Eingangssignal bemerkbar.

Dieses Problem führte zur Entwicklung eines weiteren Multimodefasertyps (der Gradientenprofilfaser), der sich durch einen parabolischen Verlauf der Brechungszahl im Kernbereich auszeichnet. In dieser Faser ist der Verlauf der Strahlen nicht mehr geradlinig sondern nahezu sinusförmig. Strahlen, die einen längeren Weg zurücklegen, d.h. häufig den Randbereich der Faser durchlaufen, können diesen aufgrund der geringeren Dichte schneller durchqueren, was sich in einer deutlichen Abschwächung der modalen Dispersion bemerkbar macht, und sich in einem besserem Bitraten-Längenprodukt ausdrückt.

In der Gradientenprofilfaser ist die Bestimmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit mit Hilfe der Brechzahl des Strahls möglich. Damit kann die Laufzeitdifferenz Dtg zwischen den langsamsten und den schnellsten Strahlen in einer Gradientenprofilfaser bestimmt werden; sie ist um den Faktor 2/D geringer als bei der entsprechenden Gradientenindexfaser. Neben der modalen Dispersion tritt noch eine weitere Form der Dispersion auf. Sie wird in der Wellentheorie als chromatische Dispersion bezeichnet und definiert die Abhängigkeit der Ausbreitungsgeschwindigkeit v einer Wellenbewegung (und damit auch des zugehörigen Berechungsindex n des Ausbreitungsmediums) von der Wellenlänge bzw. der Frequenz des Lichts, die sich bei der Brechung des Lichts in einer Aufspaltung in einzelne Spektralfarben ergibt.

Die Differenz der Strahllaufzeiten führte zur Entwicklung der sogenannten Monomodefaser, einer speziellen Stufenprofilfaser, die sich durch einen extrem geringen Kerndurchmesser auszeichnet. Dadurch können nur sehr wenige Lichtstrahlen die Faser durchlaufen, womit das Problem der unterschiedlichen Strahllaufzeiten weitestgehend vermieden werden kann. Darüber hinaus wird durch den Einsatz von Laserdioden als Strahlungsquelle – bei Multimodefasern werden in der Regel LEDs eingesetzt – eine besonders hohe Bündelung des eingespeisten Lichtstrahls ermöglicht, so dass nur ca 3 - 4 Modem den Leiter durchlaufen. Laserdioden sind jedoch wesentlich teurer und haben eine 10fach geringere Lebensdauer als LEDs (der Einsatz von LEDs im Monomodefaserbereich ist aufgrund der breiten Abstrahlung von LEDs und des geringen Kerndurchmessers der Faser schwierig, da keine ausreichende Lichtleistung in die Faser eingespeist werden kann).

Eine Erweiterung der Technologie ermöglicht die Verwendung mehrerer Lichtwellen unterschiedlicher Frequenz (d.h. verschiedener Farben) über die gleiche LWL-Faser. Jede Farbe des Lichts ist bekanntlich einer bestimmten Frequenz der elektromagnetischen Wellen zugeordnet. Durch Verwendung unterschiedlicher Farben, also Frequenzen, können durch eine Lichtwellenfaser mehrere Datenkanäle unabhängig voneinander betrieben werden. Dieses Technik wird als WDM (Wavelength Division Multiplexen) bezeichnet und steht am Anfang ihrer Entwicklung. Gegenwärtig werden bis zu 80 Datenkanäle über eine Lichtwellenfaser geleitet, was Übertragungskapazitäten von mehr als 40 GBit/s bedeutet. 

BANDBREITENZUTEILUNG-WDM.WMF (4572 Byte)

Die genannten Gründe zeigen, dass für die Kommunikation über größere Distanzen, aber auch im lokalen Bereich, die LWL-Technik wesentliche Vorteile bietet, so dass die Koaxialkabel u.U. bald in vielen Anwendungen abgelöst werden können.